Die Olympiade

„Kevin.“
„Ja?“
„Ich mag dich.“
„Ja?“
„Ja.“ Sandra wurde rot, als sie das sagte. Man hörte ihr Herz klopfen.
Kevin fuhr belanglos mit einem Finger durch die kleine Pfütze von Wasser, die sich auf dem Tisch gebildet hatte und schwieg. Sandra sah ihn aufmunternd an, aber er würdigte sie keines Blickes.
„Willst du nichts dazu sagen?“
Kevin überlegte lange. Dann sagte er: „Nein.“
„Magst du“, Sandra stockte. „Magst du mich denn auch?“
Kevin überlegte noch länger. Dann sagte er: „Nein.“
„Aber…“; Sandra sah auf ihre Knie. „Wieso denn nicht? Bist du schwul? So wie du dich verhältst wirst du nie ein Mädchen bekommen. Ich will es nicht so sagen, aber eigentlich… bin ich doch deine einzige Chance.“
Kevin schwieg und malte Kreise auf den Tisch, in rhythmisch träger Bewegung, zwei Eheringe, eine Schnittmenge, Audi und schliesslich die Olympiade.
„Ich weiss, ich bin nicht hübsch“, sagte sie. „Ich bin hässlich. Aber vielleicht könnten wir es trotzdem einrichten. Ich bin nicht eifersüchtig, treu … verlässlich – und sehr verständnisvoll.“
Plötzlich erwachte Kevin zum Leben. „Verständnisvoll?“
„Ja.“
„…aber du bist doch hübsch.“ Als wäre es ihm gerade eingefalllen.
Die traurigen Augen verschwanden schlagartig und ein anmutiger Schein der Hoffnung legte sich auf das Gesicht von Sandra.
„Wirklich?“, fragte sie.
„Nein“, sagte Kevin und stand vom Tisch auf. „Nicht wirklich.“ Er wischte sich den Finger an seinem Hemd trocken und streckte sich lange und ausgiebig, bevor er ohne ein weiteres Wort durch die Türe verschwand und nach Hause ging.

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