Das Geisterhaus wurde 1921 unter dem neuen Direktor des Freizeitparkes aufgebaut. Es gehörte zu den Geisterhäusern mit der besten maschinellen Inneneinrichtung. Der Baumeister damals, Jonathan Schneider, war bekannt dafür, Elemente der Statik ungewohnt einzubauen. Es gibt beispielsweise eine Schleudermaschine, die einem gar nicht als solche erst auffällt und wenn man draussen ist, glaubt man, auf dem Kopf zu stehen. Es wurde 1951 von einem Unbekannten abgebrannt und 1971 sabotiert. 1983 mit dem Beschluss der Gesellschaft für Sicherheit in Freizeitpärken haben sich die Sicherheitsauflagen enorm verschärft. Fast alles musste renoviert und gemässigt werden. Deshalb ist das Geisterhaus heute auch sehr viel weniger besucht, auch wenn es immer noch gerne als Motiv auf den Postkarten und den Teetassen benutzt wird.
Dennoch gibt es immer noch Menschen, die aus dem ganzen Land anfahren, um dieses Geisterhaus zu besuchen. Eine Ecke nämlich hat sich über alle Jahre einen Ruf gemacht und wird deshalb gleichermassen gefürchtet wie geliebt. Es geht nämlich die Legende, dass jeder der diese Ecke besuchte, jemand anderen auf dem leeren Podest stehen sähe. Nämlich diejenige Person, vor der man sich am meisten fürchtet.
Natürlich hat man davon gehört, den Tod gesehen zu haben, den Teufel, aber es gab weitaus skurrilere Sachen. Einer hat seine eigene Mutter gesehen, der er mit sechszehn abgehauen war, einer den amerikanischen Präsidenten. Eine Frau erzählte, sie hätte Gott erblickt und eine andere behauptete, einen lebendigen Elefanten auf dem Podest gesehen zu haben. Deshalb sei das Geisterhaus auch für alle Menschen Furcht einflössend, die diesen Ecken im Geisterhaus aufsuchen, egal wieviel sie sich schon gewohnt seien.
Thomas Steiger, Angestellter des Freizeitparks, hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, bei seinen täglichen Überprüfungen in die gefährliche Ecke des Geisterhauses zu stehen.
Auf dem Podest sah er immer noch und jede Woche wieder seinen Englischlehrer auf ihn hinunterblicken. Immer trug er dieses hässliche orange Hemd, das er schon damals in der Schule getragen hatte und sah prüfend über seine Brille auf ihn hinab.
Ständig hat er ihm irgendwelche Fragen gestellt und auf ihn herabgesehen, wenn er wütig war die Brille auf den Kopf geschoben. Und immer noch bekommt Thomas Schweissausbrüche, wenn er diesen Ecken des Geisterhauses betritt.
Dieser Anblick, über Jahre hinweg, der Anblick seines grössten Albtraums hatten ihm aber so sehr zugesetzt, dass er seine Versetzung forderte. Und als man im Bogen, den er ausfüllen musste, fragte, welche Qualifikationen er habe, gab er an, dass er über gute Kenntnisse in der englischen Sprache verfügte. Natürlich stimmte das nicht, schon in der Schule war er schlecht, deshalb war der Lehrer auch immer so besonders streng und jähzornig ihm gegenüber, aber er hoffte, dass es seine Chancen erhöhte, diesen grässlichen Job aufzugeben.
Vier Tage später, als er schon wieder, wegen einer Beschwerde, das Geisterhaus überprüfen musste, hörte man eine tiefe Stimme durch die Mauern hallen.
„It’s a shame, Thomas! This was a lie and you knew it. You couldn’t even read the Catcher in the Rye.“
Zwei Tage später betrat Kommissar Grenchen den Tatort. Er sah seinen Psychiater auf dem Podest stehen, doch er beachtete ihn nicht. Wie er feststellte und seinem Sekretär diktierte, musste Thomas auf brutalste Art und Weise umgebracht worden sein.
Der Assistent, der das alles mit zitternden Händen aufgeschrieben hatte, fragte schüchtern: „Und, was denken Sie, wer hätte das machen können?“
„Was? Wer?“, fragte der Kommissar erstaunt darüber, dass das in Frage stand, „Ich nehme an, der hier wars.“ Der Kommissar zeigte auf das Podest.
„Mein Fahrlehrer?!“, schrie der junge Assistent.
Die darauffolgende heraufbeschwörte Verwirrung führte zu mehreren hundert Verhören diesen Mord betreffend und der Gerichtsprozess wurde mit viel Widerwillen allerseits begonnen.
Aufsehen erregten die für unaufklärbar betrachteten Geschehnisse erst wieder, als der Richter bei der Besichtigung des Tatorts Selbstmord beging, weil er angeblich sich selbst auf dem Podest gesehen haben soll.
Thomas Steigers Fall hat man seither in Ruhe gelassen und manchmal, wenn ein Besucher von dieser Mordgeschichte gehört hatte, sah er auf dem Podest den Thomas Steiger, mit Axt und Wunden lebendig stehend.
Wenigstens lebte er noch. Irgendwie.
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