Auf den Nebenfeldern machten Jamie und sein Trainer noch einige Übungen. Der Trainer spielte ihm einfache Bälle zu, liess ihm Zeit fürs Laufen, um ihn optimistisch zu stimmen. Aber auch nach zwei Stunden, in denen Jamie abwechselnd in alle vier Ecken des Spielfelds gelaufen war, atmete er kaum, stützte die Hand mit dem Schläger in die Hüfte und schien völlig entspannt. Jamie hatte Optimismus vor langer Zeit durch etwas anderes ersetzt; etwas Harmonischeres, eine Durchlässigkeit, die keine Nervosität bei sich hielt.
Auch der Appetit war unbeschadet. Nach den zwei Stunden, kurz nach Mittag, steuerten dir beiden auf ein kleines Strassenrestaurant vor der Turnierhalle zu. Dort stand Ming, die sich neben sie an den Esstisch setzte. Seine vierjährige Tochter bildete mit Jamies hochgewachsener Gestalt und dem Verbindungsglied des Trainers eine schroff ansteigende Gebirgskette, die manchmal niedersank, um ihre Nudelsuppen zu schlürfen. Sie erzählte davon, wie man sie früher aus der Schule entlassen hatte, weil heute das grosse Spiel ihres Vaters sei. Jamie hörte lächelnd zu.
«Sie alle wünschen dir Glück, Papa.»
«Gut.»
Er gab nicht viel auf die Meinung der Rektoren, aber das musste Ming nicht wissen. So viele Menschen, die von Glück und Pech sprachen, als wüssten sie, was damit gemeint sei! Er selbst wusste es nicht und er hatte seit zwanzig Jahren damit zu spielen gelernt. Er nahm es niemandem übel, der ihm Glück wünschte, nur die Leichtfertigkeit solcher Äusserungen erstaunte ihn immer noch.
«Ich glaube, sie alle wollen wissen, wie es heute ausgeht. Sogar die kleinen Kinder sagen, es sei das Spiel des Jahrhunderts. Und im Fernsehen zeigen sie heute immer Bao Xu.»
«Ach ja?»
Der Trainer war Ming auf den Fuss getreten, aber das Mädchen war zu eifrig, um den Hinweis zu bemerken. Sie ass schnell, schlürfte laut und musste immer wieder husten. Sie zog nur den Fuss zurück und sprach unbeirrt weiter. «Ja, er hätte aufgehört zu humpeln, einfach so, von gestern auf heute. Sagen sie in den Nachrichten. Und jetzt berichten sie, spekulieren, wie er das geschafft hat. Man sagt, eine bestimmte Akupunktur, aber man weiss es nicht.»
Jamie Lee zog die Augenbrauen nach oben.
«Ich habe ihnen gesagt, dass mein Vater keine Akupunktur braucht, um zu gewinnen.»
Jamie warf seinem Trainer einen unendlich bedeutungsvollen Blick zu, in dem ein kurzer Schlagabtausch, ein langes Gespräch und eine verständige Einigung in einem winzigen Moment abgehandelt wurden. Er endete damit, dass der Trainer die Handflächen über seiner Schüssel zusammenpresste und an die Decke des Restaurants sah, mit einem Gesicht, als hätte er etwas Neues gelernt, und Jamie den Kohl mit ruhiger Zufriedenheit weiter aus seiner Suppe fischte. Ob Bao Xu humpelte oder nicht, war nicht seine Sache, und nicht die seines Trainers. Sie hatten eine unsichere Sekunde gebraucht, um zu begreifen, dass sie schon längst so abgeklärt geworden waren.
«So, so», sagte Jamie und lächelte. «Wer weiss. Schaden täte einem so eine Akupunktur jedenfalls nicht. — Was ist das?» Er schlug Ming zwischen die Schulterblätter. «Hast du dich verschluckt? Iss doch ein bisschen anständig, Essen ist kein Wettrennen. Du machst mich noch ganz nervös.» Sie schüttelte den Kopf mit den tränenden Augen. Lachend zerwuschelte er ihre Haare und gab ihr einen Kuss auf die kalte Stirn.
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